7. Die 90er Jahre - Jahre der Hoffnung für Kur und Fremdenverkehr


Im Jahre 1990 übernimmt die Volksbank Pforzheim die Raiffeisenbank Schömberg mit ihren Filialen in Schömberg und Ortsteilen, Unterreichenbach, Höfen und Unterlengenhardt. 98% der Mitglieder stimmen für diese Fusion. Die Filialen in den Ortsteilen werden nicht lange überleben.

Der Handelsbereich der Raiffeisenbank wird aufgegeben. Die Volksbank Pforzheim baut 1996 im Ortszentrum von Schömberg ein großes Gebäude mit Wohnungen, Büros und Läden und zieht mit ihrer kleinen Filiale in der Liebenzeller Straße (gegenüber der ev. Kirche) hierher um. Damit wird auch das erst 1979 erweiterte Bank- und Betriebsgebäude der früheren Raiffeisenbank in der Poststraße nicht mehr gebraucht. Das Grundstück für das neue Volksbankgebäude stammt im Wesentlichen von der Gemeinde Schömberg (Abriss des alten Schulhauses) aber auch durch den Abriss zweier kleiner Wohnhäuser in der Hugo Römpler Straße. Die Hugo Römpler Straße erhält eine völlig neue Trassierung.

Zuvor konnte 1991 auf der gegenüber liegenden Straßenseite die unter Bürgermeister Brugger vorangetriebene Erweiterung des Rathauses eingeweiht werden. Geplant wurde das Projekt vom Büro Wick + Partner, Stuttgart. Dieses wurde beim Wettbewerb mit seiner Arbeit mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Die im Wettbewerb vorgeschlagene Konzeption sieht eine Verknüpfung innerörtlicher Grün- und Platzanlagen vor, die stärker als heute den Charakter des Kurortes bestimmen soll. Der Kurpark wird großzügig auf einen Rathausplatz geführt. Hier entsteht eine neue Ortsmitte, die den Einkaufsbereich an der Lindenstraße mit dem Kurparkbereich verknüpft. Der Kurpark wird gleichsam an die Ortsdurchfahrt herangeführt. (siehe auch)  Um dies zu erreichen musste das „Haus Ammann“ gekauft und abgerissen werden um Platz für das Parkhaus und dessen Ausfahrt zu schaffen. Hierher wird auch die Bushaltestelle vom Leipziger Platz her verlegt. 1991 konnte auf dem neu geschaffenen Platz vor den Rathaus das erste „Lindenplatzfest“ stattfinden, das von vielen Schömberger Vereinen gestaltet wurde.


Haus „Bühler“ mit Sitzungssaal Neues Rathaus


In dieser Zeit kauft die Gemeinde auch das daneben liegende „Haus Bühler“ mit einem großen Grundstück. In dieses zieht 1991 das Notariat von der Liebenzeller Straße her um. In den oberen Geschossen des „Haus Bühler“ richtet der 1990 gegründete Heimat- und Geschichtsverein eine „Heimatstube“ ein. Im Januar 1997 stellt der Heimat- und Geschichtsverein zum ersten Mal den Heimatbrief vor, der in nächsten Jahren detailliert über das Ortsgeschehen berichten wird.

Politisch gibt es 1991 eine große Änderung. Bürgermeister Brugger tritt nicht mehr an. Es kandidieren Gerhard Vogel aus Calw und der Schömberger Bürger und langjährige Gemeinderat Peter Burkhardt. Gerhard Vogel gewinnt und wird 1999 wieder gewählt. (siehe Seite 1 und Seite 2)

An öffentlichen Investitionen in diesem Jahrzehnt seien erwähnt:
1990 die Einrichtung eines öffentlichen Nahverkehrs in Schömberg die daraus besteht, dass der vorhandene Linienverkehr der Fa. Eberhardt nach Pforzheim von Bieselsberg aus über die Teilorte Schwarzenberg und Oberlengenhardt geführt wird. 1991 wird der Vorplatz beim Kurhaus neugestaltet. 1993 wird in der Schillerstraße ein zweiter Kindergarten für 3 Gruppen gebaut. Architekt ist Joachim Raible aus Schömberg. Geplant ist ein Baukörper in einem Kreissegment, etwas weiter unten Richtung Bach. Das hätte den Vorteil einer späteren Erweiterung gehabt. Nach Einspruch von Naturschützern musste der Kindergarten an der heutigen Stelle gebaut werden und hat somit keine Erweiterungsmöglichkeit mehr. 1991 wird in Schwarzenberg eine Erddeponie eingerichtet auf der in den kommenden Jahre gewaltige Erdmassen eingebaut werden.

1994 kommt eine erneute Erweiterung der Ludwig-Uhland-Schule. (Bau Richtung Calmbacher Straße) Es ist eine Schulgebäude für eine 4 zügige Grundschule und eine 2 zügige Hauptschule mit zusammen 550 Schülern (später bis 620 Schüler) entstanden. Bald darauf 1997 wird das Lehrschwimmbecken in der Schule geschlossen und zu einem Gymnastikraum umgebaut. Zuletzt war das Becken nur noch 1mal die Woche abends offen. Es gab Zeiten da war ich der einzige Gast und wurde von Robert Hirth betreut. 1993 wird der Recyclinghof eingerichtet und die Verkehrsführung am Leipziger Platz wird 1996 durch einem Kreisverkehr verbessert. Seit Februar 1999 ist die damals größte Windkraftanlage des Schwarzwalds in Betrieb und konnte im Juni mit einem Fest eingeweiht werden.

Das Wellenbad ist seit Jahren wegen seines stetig wachsenden Zuschussbedarfs ein Dauerthema im Gemeinderat. Ein Lösungsweg für den dringenden Sanierungsbedarf wäre das Angebot von Heinz Steinhart 1994 der schon solche Spaßbäder betreibt. Dieses Angebot wird vom Schömberger Gemeinderat abgelehnt. Es wird aber durch die Gemeinde immer wieder mit Verbesserungen versucht die Besucherzahlen anzuheben, so wird 1993 die Sauna modernisiert und1996 das Restaurant umgestaltet. 1999 stellt die Gemeinde im Untergeschoss des Wellenbads (dort wo es am Anfang eine Kegelbahn gab) Räume für ein Jugendzentrum zur Verfügung die von dem Verein „Nautilus“ eingerichtet und betrieben wird, was nicht immer funktioniert. Daraus geht später der Verein „JuKi Schömberg“ hervor

1999 wird das Foyer des Kurhauses neu gestaltet. Nachdem es in den Jahren 1988/89 in Freiburg, Münster und auch in der Staatsgalerie in Stuttgart Ausstellungen zu Finsterlin gab, erinnerte man sich auch in Schömberg an diesen Künstler und lässt dessen Fresken im Foyer mit großem Kostenaufwand wieder freilegen. Das wird mit einer Veranstaltung im Kurhaus gewürdigt. Es wird eine Hermann Finsterling Gesellschaft in Schömberg eingerichtet und in den Jahren 2000 -2002 noch 3 Ausstellungen unter Federführung Reinhard Döhl und Joachim Kuolt im Foyer gemacht. Die Hermann Finsterlin Gesellschaft wurde nach dem Tod von Reinhard Döhl 2004 aufgelöst.


Finsterlinausstellung 1999 - Ein Werkquerschnitt -

1998 geht mit dem Abriss des früheren Sanatorium Schömberg (S1) eine Ära der Schömberger Ortsgeschichte zu Ende. Vorausgegangen ist dem eine intensive und emotionale Diskussion über die Nutzung des Gebäudes und Geländes. Die „Bürgerinitative S1“ sammelt 2100 Unterschriften gegen das Projekt. Auch der Schömberger Einzelhandel ist dagegen. (siehe auch)

1999 schließt die „Klinik am Römerweg“ (früher Sanatorium „Calmette“ aus der Ära Zajak) ihre Pforten. Damit wird nach dem „S1“ ein weiteres großes Haus aus TBC Zeiten stammend geschlossen. Auch dieses Haus hat nach dem Ende der TBC in der Betreuung psychisch Kranker für einiger Jahre noch eine Aufgabe gefunden. Das gleiche Schicksal trifft auch viele kleinere Alters- und Pflegeheime die diesen Weg gegangen sind. Kaum eines findet seinen Weg zum allgemeinen Tourismus und wenn, dann auch nur für kurze Zeit. (siehe dazu auch)

Das Jahrzehnt endet mit 2 großen Naturkatastrophen. Am 19. Juli 1999 ging ein sintflutartiger Regen über Schömberg nieder mit verheerenden Spuren und vielen voll gelaufenen Kellern. Der kleine Eulenbach wurde zum reisenden Strom der ein neues großes Bachbett aushob und diese Erdmassen in Unterreichenbach ablagerte. An Weihnachten verändert Sturm „Lothar“ die Landschaft und richtet große Schäden an.

Die Einwohnerzahl zum 30. Juni 1999 wird mit 8545 Personen angegeben davon allein im Hauptort 4868 Personen. Diese Zahlen kommen aus Fortschreibungen. Mit dem Zensus (Volkszählung) 2011 mussten diese Zahlen berichtigt werden, was zu einer Reduzierung der Einwohnerzahlen um ca. 600 Personen führte.

Bei den Beherbergungen im Reiseverkehr (dazu zählen auch die Kursanatorien aber nicht der Campingplatz in Langenbrand) hat sich in 90er Jahren nicht viel geändert. Es gibt 1999 noch 26 Betriebe mit 1310 Betten und 204.000 Übernachtungen (Statistisches Landesamt) Auswirkungen auf die Übernachtungszahlen der Kliniken bringt die Gesundheitsreform ( Seite 1 und Seite 2)

Zur Unterhaltung der Gäste werden Anfangs der 90er Jahre noch bekannte Künstler wie Christiane Rücker mit Raimund Harmsdorf, Heidi Kabel und die Sängerin Joana eingeladen. Ab 1994 wird versucht mit Kleinkunsttagen im Kurhaus ein kulturelles Angebot zu bieten, so z. B. die Gesangsgruppe „Honey Pie“ die im Silbersaal auftritt. Leider hält das nicht lange an.


Quellen: Bürgerfreund, Zeitungsartikel


Wolfgang Obert
Oktober 2020


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